Marcel Kalz gewinnt 59. Rollberg-Rennen
- Syrische Mitbürger zeigen Engagement und retten den Renntag –
Es ist in der heutigen Zeit nicht einfach, ein Radrennen in einer Großstadt zu organisieren. Die Auflagen der örtlichen Behörden nehmen von Jahr zu Jahr zu, so dass sich immer mehr Veranstalter genötigt sehen, Rennen abzusagen. Ein Verein, der den Mut und das nötige Engagement nicht verloren hat, ist die NRVg. Luisenstadt mit Männern wie Peter Scheunig, Peter Schmidt und Frank Röglin an der Spitze, die als einer von Berlins traditionsreichsten Vereinen ihr Rollberg-Rennen auch in diesem Jahr wieder mit tollem Sport zur Austragung brachten.
Allerdings auch mit einem Novum ausgestattet, wie es das bislang nicht gegeben hatte. Nachdem bereits 2014 das Rennen aufgrund eines nur als Schildbürgerstreich zu bezeichnenden Einwandes eines Grundstückbesitzers am Rande der Strecke ausfallen musste, wurde dieses Mal der Renntag mit dem Rennen der Senioren und Junioren begonnen, die dann schon wieder nach zwei Runden angehalten wurden, da die Polizei aufgrund zu geringer Anzahl der Streckenposten keine Freigabe erteilte. Bekanntlich sind seit dieser Saison fünf syrische Flüchtlinge Mitglied des veranstaltenden Vereins, die auch als C-Fahrer am Start des Rollberg-Rennens standen. Dank ihrer Unterstützung fanden sich 10 syrische Helfer bereit, als Streckenposten zu amtieren und retteten damit die Austragung des Neuköllner Traditionsrennens.
Mit etwa einer Stunde Verspätung begannen dann die Rennen, aber durch den Verzicht auf Pausen und geringer Verkürzung einzelner Wettbewerbe, konnte der Renntag ordnungs- und zeitgemäß abgeschlossen werden. So fuhren die Senioren 2, 3 und 4 ebenso wie die mit ihnen gemeinsam gestarteten Junioren nur 18 der ursprünglich vorgesehenen 24 Runden und hier siegten bei getrennter Wertung Matthias Geue vom RSV Werner Otto und Jakob Zöttler von der RSG Muldental Grimma, der Maciej-Marek Litkowski von den Zehlendorfer Eichhörnchen und Pepe Kunert vom SC Berlin auf die Plätze verwies.
Gut besetzt war auch das Jugendrennen über 13 Runden zu jeweils 2,1 km mit den zuletzt so erfolgreichen Fahrern Calvin Dik vom RSV Werner Otto und Elias Richter vom Marzahner RC 94, die zu den Favoriten gerechnet werden mussten. Dieser Rolle wurde Calvin Dik vollauf gerecht, der im Finale die schnellsten Beine hatte und den ehemaligen Berliner, jetzt für den RSC Cottbus fahrenden Erik Vater auf den zweiten Platz verwies. Für Elias Richter blieb nur der 29. Platz mit einer Runde Rückstand übrig, da er einen Radschaden erlitt, durchgereicht wurde und von keiner Rundenvergütung profitieren konnte.
Ab dem 3. Rennen, das die Jedermänner über 20 Runden zu absolvieren hatten, setzte dann leider ein Landregen ein, der die weitere Veranstaltung durch rutschige Kurven stark beeinflusste. Bei den Schülern U 13 und U 15, bei denen die Sieger mit Schleife und Kranz geehrt wurden, war somit erhöhte Aufmerksamkeit gefordert und so blieben Stürze auch nicht aus. Nach 5 Runden siegte mit Nicolas Zippan vom RSV Königswusterhausen/Wildau bei der U 13 ein Fahrer aus dem Umland, der mit Erik Leonhardt, Linda Paduch und Enno Paul Rohde drei Fahrer-/innen des SC Berlin hinter sich ließ. Im Rennen der U 15 über 7 Runden dominierte mit Laurin Drescher vom ESV Lok Zwickau der frischgebackene Deutsche Meister im Straßenrennen und Omnium, der bereits 19 (!) Siege in diesem Jahr auf seinem Konto hat und vor Raul-Odin Voigt vom Marzahner RC 94 und Florian Bondzau vom SC Berlin gewann. Herausragend auch die Leistung des Marzahners Sascha Telschow, der drei Runden vor Schluß stürzte und zurückfiel, um dann mit kaputter Schaltung im dicksten Gang noch zum Ende bis auf Platz vier vorzufahren.
Den Abschluss bildete dann das Eliterennen der Männer KT und A-/B-/C-Klasse, das mit Vorgaben von einer bzw. zwei Minuten für die B- und C-Fahrer gestartet wurde und über 50 Runden ging. Die doppelten Preisgelder und das gute Prämienaufkommen – in jeder zweiten Runde gab es Prämien -, waren wohl mitentscheidend für die gute Besetzung des Rennens, das sogar internationalen Charakter durch die Teilnahme des tschechischen Kontinentalteams CK Pribram Fany Gastro und zwei Fahrern aus Frankreich und Rumänien hatte. Dazu hatten mit Christian Grasmann und Marcel Kalz von den Maloja Pushbikers zwei erfolgreiche Sechstagefahrer den Weg nach Berlin gefunden, ebenso das starke Team Ur-Krostitzer Giant und die Bundesligateams P&S Thüringen und das Berliner KED-Stevens Rad Team.
Die Vorgaben für die B- und C-Fahrer waren bei einer durchschnittlichen Rundenzeit von drei Minuten nicht ungefährlich, zumal einige Fahrer bis auf 40 Sekunden an die Elitefahrer KT/A herankamen. Von den Syrern im Trikot der NRVg. Luisenstadt, alle als C-Fahrer gestartet, war es Nazir Jaser, der sich nach 15 Runden allein abgesetzt hatte und sich am Prämiensegen beteiligte. Zwei Runden später bekam er Gesellschaft von Tobias Magdeburg von KED-Stevens, die beide bis zur 26. Runde an der Spitze fuhren. Durch einen Sturz von Nazir Jaser, der mit Schaltungsdefekt aufgeben musste, wurde der Ausreißversuch beendet und es bildete sich bald darauf eine neue Spitzengruppe mit Marcel Kalz, Jan Stöhr vom Team CK Pribram und Konrad Geßner vom P&S Team Thüringen, die von einer sechsköpfigen Gruppe, darunter mit Erik Schubert und wiederum Tobias Magdeburg zwei Fahrer von KED-Stevens, verfolgt wurden.
In der letzten Runde wollte es Marcel Kalz nicht auf einen Sprint gegen den schnellen Konrad Geßner ankommen lassen und setzte sich mit einem Alleingang von seinen beiden Mitstreitern ab. Mit 250 Meter Vorsprung fuhr er als Erster über die Ziellinie, während Konrad Geßner den Tschechen Jan Stöhr im Kampf um Platz zwei niederhalten konnte. Bester Berliner war Erik Schubert auf Platz sechs vor dem stark fahrenden Tobias Magdeburg, der auf Platz neun einkam. Den Spurt des Hauptfeldes um Platz 10 gewann Erik Mohs vom Team Ur-Krostitzer Giant vor Malte Jürß vom KED-Stevens Rad Team, während Christian Grasmann den 12. Platz belegte.
Es war ein letztlich gelungener Renntag mit gut 320 Startern in allen Klassen. Dazu eine durch den jungen Sebastian Hans als Vorsitzender des Wettfahrausschusses hervorragend geführte Jury, die für schnelle und korrekte Ergebnisse sorgte. Die inzwischen nur noch sporadisch bzw. aushilfsweise erfolgende Moderation der Berliner Radsportstimme Wolfgang Schmidt sorgte einmal mehr für einen reibungslosen Ablauf des Renngeschehens.
Das Schlusswort gilt den syrischen Flüchtlingen, die sich beim veranstaltenden Verein schon recht gut eingelebt haben und sich auch gut verständigen können. Ihr Bester landete mit Tarek Al Moakee im Hauptrennen auf Platz 22 und auch am reichhaltigen Prämiensegen konnten sie sich erfreulicherweise beteiligen.
Bernd Mülle