- Berlins Nachwuchs mischt bei den 107. Six Day Berlin kräftig mit –
Sage einer Berlin hat keinen Nachwuchs! Es sind zwar nicht mehr so viele Sportler wie zu früheren
Zeiten im Nachwuchsbereich anzutreffen, aber dafür war es umso erfreulicher, dass einige Berliner
in den zahlreichen, teilweise international besetzten Wettbewerben im Rahmenprogramm der 107.
Six Day Berlin beachtenswerte Akzente setzen konnten. Das Programm war wie in all den Jahren
zuvor wieder sehr umfangreich und von der Klasse U 13 bis zur U 23 waren nicht nur quantitativ,
sondern auch qualitativ hervorragende Fahrerfelder am Start. Dazu kam noch am Familientag ein
Rennen mit Laufrädern für die Kleinsten, die vom Publikum viel Beifall bekamen. Hier will man in
Berlin ansetzen und in Zukunft eine Serie von Laufradrennen veranstalten, um Nachwuchs für den
Radsport zu gewinnen.
Die Klasse U 13 war mit einem 30 Runden Punktefahren nur am Familiensonntag im Einsatz und
hier hatten immerhin 22 Sportler den Wettbewerb in Angriff genommen, der überlegen mit 28
Punkten von Toni Holst vom SC Berlin vor Zeno Levi Winter vom RSV Venusberg mit 14 Punk-
ten gewonnen wurde. In der Altersklasse U 15 galt es an drei Tagen mit Vorläufen Temporunden,
Punktefahren und ein Dänisches Punktefahren zu absolvieren und am Ende hieß der Sieger Lucas
Küfner vom SSV Gera, der den Tschechen Stephan Telecky und Nicolas Zippan vom RSV Königs-
wusterhausen/Wildau auf die weiteren Podiumsplätze verwies. Die Platzierungen von Felix
Fleischmann (5.) und Paul Quabs (6.), beide vom Marzahner RC 94, sowie die von Erik Leonhardt
(7.) und Enno Paul Rohde (9.), beide vom SC Berlin, konnten sich in diesem Feld mehr als sehen
lassen. Pech hatte in diesem Wettbewerb am Montag Pepe Stube vom SC Berlin, der schwer stürzte
und mit einer Ellbogenfraktur ausscheiden musste.
In diesem Jahr gab es auch einen Mädchen-Cup für die U 15/U 17, der an zwei Tagen ausgetragen
wurde. Insgesamt 14 junge Damen, darunter mit Kayla Hankins auch eine Fahrerin aus den USA,
standen am Start und hier feierte der SC Berlin einen Dreifachsieg durch Josephine Körnig, Paula
Leonhardt und Fabienne Jährig. Da hatte es die Kleinste und Jüngste in diesem Feld, Lilli Marz
vom BRC Semper, naturgemäß nicht leicht um mitzuhalten, aber aller Anfang ist schwer und noch
ist kein Meister vom Himmel gefallen. Bleibt zu hoffen, dass sie sich nicht entmutigen lässt und
dem Radsport weiterhin die Treue hält.
Das Omnium der Jugend wurde von zwei Fahrern aus Österreich bestimmt, die der nicht gerade
schwachen Konkurrenz keine Chance ließen. Es siegte mit 140 Punkten Tim Wafler vor Paul
Buschek, der 129 Punkte verbuchte und den starken Dänen Luis Carl Jörgensen mit 125 Punkten
noch distanzierte. Die besten Berliner kommen alle vom Marzahner RC 94 und belegten die Plätze
6 (Robin Ruhe), 7 (Sascha Telschow), 8 (Raul-Odin Voigt) und 13 (Henning Sage), ein Ergebnis,
das mehr als zufriedenstellen konnte und die gute Nachwuchsarbeit in diesem Verein einmal mehr
unterstreicht.
In der Klasse U 19 gab es am ersten Tag zunächst ein Punktefahren über 60 Runden, dem an den
nächsten drei Tagen zwei 30 Minuten und ein 40 Minuten Madison folgten. Eindeutig dominierend
war hier die Berliner Mannschaft mit Calvin Dik vom RSV Werner Otto und Elias Richter vom
Marzahner RC 94, die nur am dritten Tag auf dem 3. Platz landeten, ansonsten aber immer
siegreich waren. Sie boten beide eine sogenannte Galavorstellung mit großer Übersicht und der
notwendigen Sprintstärke bei den Wertungen. Während Calvin Dik dem Junioren-Kader des Bund
Deutscher Radfahrer (BDR) angehört, ist es nahezu unverständlich, dass Elias Richter derzeit
keinen Kaderplatz besitzt. Er hatte zwar im letzten Jahr gesundheitliche Probleme und musste
daher des öfteren pausieren, aber seine zuletzt gezeigten Leistungen rechtfertigen allemal einen
Platz im Kader, den die Trainer des Berliner Radsport Verband e.V. (BRV) umgehend beantragen
sollten.
Herausragend in diesem Wettbewerb war auch die Vorstellung des zweiten Berliner Teams vom
SC Berlin mit Maurice Ballerstedt und Fabian Dreier, die in der Gesamtwertung hinter Max
Gehrmann/Jannis Peter (RSC Turbine Erfurt/SSV Gera) und den Tschechen Petr Kelemen/Jan
Vones einen ausgezeichneten vierten Platz belegten. Dagegen schied das dritte Berliner Team mit
Pepe Voß und Justin Winzer (RV Iduna/RC Charlottenburg) vorzeitig aus, während eine vierte,
vorgesehene Paarung mit Albert Gathemann und Patrick Dietze (SC Berlin) aufgrund einer
Zahnoperation bei Albert Gathemann nicht an den Start gehen konnte.
Im Six Day Cup der U 23 mit Fahrern aus sechs Nationen, die in den ersten vier Tagen zum Einsatz
kamen, wurden am ersten Tag ein Punkterennen über 60 Runden und ein Madison über 30 Minuten
ausgetragen. In beiden Rennen waren Richard Banusch vom LKT Team Brandenburg mit seinem
britischen Partner Joe Evans jeweils vor Moritz Malcharek/Christian Maximilian Koch vom LKT
Team Brandenburg erfolgreich, wobei beide Teams gemeinsam im Madison einen Rundengewinn
herausfuhren, der am Ende von keiner anderen Mannschaft mehr egalisiert wurde. Am Freitag
musste lediglich ein Madison über 40 Minuten gefahren werden, das von dem Tschechen Daniel
Babor mit seinem Partner Konrad Geßner vom Continentalteam Leopard Pro Cycling klar nach
Punkten dominiert wurde, aber an der Gesamtführung der Sieger des Vortages nichts änderte. Auch
am dritten Tag blieb es an der Spitze unverändert, zumal der Tagessieg erneut an Richard
Banusch/Joe Evans ging.
Der Finaltag am Sonntag mit einem Madison über 40 Minuten war dann der absolute Höhepunkt
dieses Wettbewerbs, denn Moritz Malcharek/Christian Maximilian Koch wollten den Punkterück-
stand von immerhin 15 Punkten gegenüber Richard Banusch/Joe Evans noch wettmachen. Ein
nicht ganz leichtes Unterfangen, das aber mit dem finalen Spurt zur Punktlandung wurde. Der
Berliner Moritz Malcharek wollte auf seiner Hausbahn unbedingt den Sieg und mit einem nahezu
grandiosen Endspurt von Christian Maximilian Koch schafften es die beiden tatsächlich und
siegten mit 103 Punkten gegenüber 100 Punkten ihrer ärgsten Rivalen. Spannender hätte die
Finaljagd, die sie mit 34 Punkten gewannen, nicht sein können und der Beifall der Zuschauer war
ihnen zu gönnen. „Ich hätte nicht gedacht, dass Christian so einen Spurt am Ende hinlegt. Das war
einfach nur sensationell“, bekannte selbst Moritz Malcharek am Dienstagabend, als wir ihn kurz
vor dem großen Finale der Profis im Innenraum des Velodroms trafen.
Der Nachwuchs hat in allen Kategorien mit starken Leistungen einmal mehr beeindruckt und sollte
auch in Zukunft einen festen Platz im Programm der Six Day Berlin einnehmen. Sollte das
Sechstagerennen auch weiterhin Bestand haben, so ist gerade die Förderung des Nachwuchses auf
diese Art und Weise unabdingbar.
Bernd Mülle
Foto: privat