Unabhängig davon ist Berlin nun einmal nicht Belgien, Holland oder Frankreich, wo derartige Zustände, die in der Hauptstadt bzw. Sportstadt Berlin den rührigen Organisatoren immer wieder Schwierigkeiten insbesondere bei der Veranstaltung von Radsportevents bereiten, einfach undenkbar sind. Ein bisschen mehr Kommunikation auf allen Ebenen mit ein wenig mehr Verständnis für sporttreibende junge Menschen, darüber sollte man in Zukunft einmal nachdenken, zumal gerade in Berlin das Radfahrerpotenzial immer mehr zunimmt und dementsprechend auch der Radrennsport seinen Platz haben sollte. Ein Lichtblick ist dabei der gestrige Freitag mit dem Prolog auf dem Kurfürstendamm gewesen, wo sich der Tour de Berlin zwischen 17.00 und 20.30 Uhr ein einmaliges Flair darbot, das Lust auf Wiederholung machte.
Das Rennen der 1. Etappe Rund um den Schäferberg bei kühlen Temperaturen allerdings ohne den vorher angekündigten Regenschauern begann bereits in der ersten von 16 Runden über jeweils 7,6 km mit einem Ausreißversuch einer dreiköpfigen Gruppe, zu der die Niederländer Julius van den Berg von SEG Racing und Niels Potze von NWVG Fila Nijwa Trucks sowie Robert Kessler vom LKT Team Brandenburg gehörten. Sie harmonierten gut und hielten ihre Position mit maximalem Vorsprung von 1:36 Minuten bis eingangs der zehnten Runde. Bis dahin hatten sie in den Punkte- und Zeitsprints die Gutschriften unter sich aufgeteilt, so dass am Ende des Tages Robert Kessler die Führung inne hatte und ins Graue Trikot des Sprint-Klassements schlüpfte.
Aber kurz nach dem Zusammenschluß des Feldes am Ende der 10. Runde gab es unter Führung des Berliner Lokalmatadoren Maximilian Schachmann vom tschechischen Team Klein Constantia die nächste Attacke, der nur der Österreicher Lukas Schlemmer von WSA-Greenlife, Jasper Frahm vom LKT Team Brandenburg und der Kanadier Alexander Cowan vom Team RaceClean folgen konnten. Der großartige Zeitfahrer Maximilian Schachmann leistete die Hauptarbeit in dieser Gruppe und am Ende der 15. Runde, als er das Tempo noch einmal verschärfte, konnte nur noch der Österreicher das Hinterrad des Berliners halten. Mit 28 Sekunden Rückstand folgten Jasper Frahm und Alexander Cowan, während das geschlossene Feld 1:02 Minuten zurücklag.
Ausgangs der Zielkurve war es dann Lukas Schlemmer, der den Spurt anzog und den bekanntermaßen nicht so sprintstarken Maximilian Schachmann beim Zieleinlauf keine Chance ließ. Das Feld hatte in der letzten Runde im Tempo zugelegt und die beiden Verfolger noch einfangen können, so dass der Kampf um den dritten Rang mit einem Rückstand von 18 Sekunden im Massenspurt entschieden wurde. Hier war es Schachmanns Teamkamerad Jonas Bokeloh, der die schnellsten Beine hatte und Konrad Geßner vom P & S Team Thüringen sowie Pascal Ackermann von der BDR Nationalmannschaft auf die weiteren Plätze verwies.
Für die Berliner Fahrer des KED-Stevens Radteams und des Landesverbandes lag die Latte etwas zu hoch, so dass als Bester Malte Jürß auf Platz 40 einkam, vor Erik Schubert (43.), Sebastian Schmiedel (51.) und Moritz Malcharek (57.). Bester des Landesverbandes war Christopher Schulz auf Platz 63 vor Hannes Augustin (71.), wobei alle Fahrer in der großen Gruppe ins Ziel gelangten.
Am Ende strahlte Maximilian Schachmann dennoch, da er nun ins Gelbe Trikot des Gesamtführenden fuhr und mit 23 Sekunden Vorsprung vor Jonas Bokeloh und 26 Sekunden vor dem starken Belgier Nathan van Hooydonck vom BMC Development Team ins morgige Einzelzeitfahren geht. In den letzten Jahren wurde häufig das Endergebnis der Tour de Berlin beim Zeitfahren „gemacht“, so dass der Berliner als exzellenter Zeitfahrer für den Gesamtsieg reelle Chancen besitzt. Nicht zu unterschätzen dürfte dabei auch der Däne Mads Würtz Schmidt sein, der aufgrund einer Fehlmeldung am Vortag im Teamzeitfahren nicht zurückgefallen war und daher auf Platz 12 nur 27 Sekunden in der Gesamtwertung hinter Maximilian Schachmann aussichtsreich im Rennen liegt.
Als bester Fahrer des KED-Stevens Teams liegt Sebastian Schmiedel auf Rang 67 mit 43 Sekunden Rückstand, während Jeremy Lendowski vom Landesverband Berlin als Bester auf Platz 83 mit 57 Sekunden Zeitverlust rangiert. Alle elf Fahrer der beiden Teams haben weniger als eine Minute Rückstand und sind damit längst noch nicht abgeschlagen, wenngleich ihnen beim Einzelzeitfahren nur wenig Chancen eingeräumt werden.
Das Grüne Trikot des aktivsten Fahrers wurde dem Kanadier Alexander Cowan übergestreift und das Weiße Trikot des besten Nachwuchsfahrers erhielt ein junger Mann mit bekannten Namen: Luca Henn vom Team Kuota-Lotto als Sohn des Exprofis Christian Henn. In dieser vorläufigen Gesamtwertung führt allerdings der Niederländer Pascal Eenkhoorn vom BMC Development Team vor dem Dänen Niklas Larsen vom Team Trefor und Luca Henn. Die Mannschaftswertung scheint sich zu einem Vierkampf zwischen den Teams Klein Constantia, BMC Development, Trefor und RaceClean zu entwickeln, die in dieser Reihenfolge auf den ersten Plätzen liegen.
Bernd Mülle
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